Anlässlich der Vorstellung seines Jahresberichts appelliert das katholische Hilfswerk Misereor an die Bundesregierung, die geplanten erheblichen Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe zu überdenken. „Das, was internationale Zusammenarbeit in den letzten Jahren bei der Bekämpfung von Hunger, Krankheiten und Ungerechtigkeit erreicht hat, steht nun in vielen Regionen und Ländern auf dem Spiel“, erklärte Andreas Frick, Misereor-Hauptgeschäftsführer. Die weltweiten Kürzungen bei der Armutsbekämpfung markierten eine tiefgreifende Zäsur für die internationale Entwicklungszusammenarbeit. Frick warnte vor den Folgen für Frieden und Sicherheit weltweit.
„Wo die USA und andere Länder momentan große Lücken in der Entwicklungsfinanzierung reißen, kann und muss Deutschland jetzt wichtige Verantwortung übernehmen. Wir sind einer der größten Geber von Entwicklungsgeldern. Diese Rolle sollten wir offensiv annehmen und gestalten – auch in unserem eigenen Interesse. Denn ohne internationale Zusammenarbeit, ohne die weitere Entwicklung anderer Länder, mit weltweit wachsender Armut und Hunger wird es weder Frieden noch Sicherheit für uns und weltweit geben“, betonte Frick am Mittwoch in Berlin.
Besonders im Nahen Osten spitze sich die Situation in der gesamten Region zu. Bernd Bornhorst, Geschäftsführer Internationale Zusammenarbeit bei Misereor, rief die Bundesregierung auf, ihren Einfluss geltend zu machen und von der israelischen Regierung endlich die Aufhebung der Hilfsblockade zu fordern: „Die militärischen Operationen müssen ein Ende haben und die Menschen in Gaza flächendeckend mit Nahrung, sauberem Wasser und Medikamenten versorgt werden.“ Die chaotischen Zustände mit hunderten Toten und tausenden Verletzten beim Warten auf Hilfslieferungen an den wenigen Verteilzentren verschlimmerten die Situation und widersprächen allen Regeln der humanitären Hilfe, so Bornhorst.
Starke Fokussierung auf Aufrüstung wird langfristig nicht für mehr Frieden sorgen
Der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für globale Entwicklung (KZE), Prälat Karl Jüsten, forderte die Bundesregierung auf, keine Rüstungsexporte mehr nach Israel zu genehmigen, die erkennbar zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht genutzt würden. „Die Bundesregierung muss sich viel stärker als bisher für schnelle und intensive Friedensverhandlungen einsetzen. Deutschland hat hier eine besondere Verantwortung“, so Jüsten. Darüber hinaus warnte er vor den geplanten massiven Aufwüchsen bei Aufrüstung und militärischen Mitteln in Deutschland: „Bei allen Notwendigkeiten für Investitionen in Deutschlands Verteidigungsfähigkeit - eine so starke Fokussierung aufs Militärische wird langfristig nicht allein für mehr Frieden sorgen. Deutschland sollte die Ziele der vergangenen Jahrzehnte nicht aus dem Blick verlieren: Der Kampf gegen Hunger, Armut und Klimawandel darf nicht gedrosselt werden, um Krisen vorzubeugen und Stabilität zu schaffen.“
62,4 Millionen Spenden bei 229,9 Millionen Gesamteinnahmen
Misereor hat im Jahr 2024 62,4 Millionen Euro aus Spenden und Kollekten eingenommen, ein leichter Rückgang von 2,2 Millionen im Vergleich zum Vorjahr. Misereor-Hauptgeschäftsführer Frick bedankte sich bei den Spenderinnen und Spendern für die große Solidarität mit den Menschen in Ländern mit hoher Armutsquote. Insgesamt standen Misereor 2024 einschließlich der Gelder aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 229,9 Millionen Euro zur Verfügung. Aktuell unterstützt Misereor mehr als 3100 Projekte in 83 Ländern.