(Aachen, 6. Februar 2024) Die Militärregierungen von Mali, Niger und Burkina Faso haben ihren Austritt aus der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS angekündigt. Diese Entscheidung schwächt nach Ansicht des katholischen Werks für Entwicklungszusammenarbeit Misereor die Region. Zudem spaltet sie zunehmend den afrikanischen Kontinent und ebnet den Weg für Rivalitäten zwischen ausländischen Mächten auf afrikanischem Boden. Misereor fordert, dass die durch die Ankündigung ausgelöste Krise durch Dialog, Verhandlungen und Zusammenarbeit gelöst wird. Sie soll zur Neugestaltung der Beziehungen mit den Staaten der westlichen Welt genutzt werden.

Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS (Economic Community Of West African States) wurde 1975 mit dem Ziel gegründet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Westafrika zu fördern. Die Gemeinschaft hat sich zu einer treibenden Kraft der wirtschaftlichen und politischen Integration in der Region entwickelt. Sie nimmt zunehmend eine aktive Rolle als Friedens- und Sicherheitsakteur ein.

Misereor-Regionalreferent Raoul Bagopha befürchtet, dass die Abkehr der drei genannten Länder vom Bündnis ECOWAS den Prozess der regionalen Integration gefährdet. Dieser soll die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen sowie die kulturellen und sozialen Bindungen zwischen den westafrikanischen Ländern stärken. Sollte der Rückzug sofort in Kraft treten, hätte dies laut Misereor Folgen für ganz Westafrika. „Spannungen zwischen Nachbarstaaten, deren wesentliche Interessen eng miteinander verbunden sind, werden wiederaufleben. Die erforderliche Solidarität zwischen den Staaten im Kampf gegen Terrorgruppen wird zum Leidwesen der Zivilbevölkerung noch weiter untergraben. Wichtige Freiheiten, an die sich die Bevölkerung trotz aller Unzulänglichkeiten gewöhnt hatte, wie der freie Waren- und Personenverkehr, sind bedroht“, warnt Bagopha.

Misstrauen gegenüber westlichen Ländern

„Der Rückzug wird auch als Abkehr von der westlichen Welt gewertet. Die drei Länder misstrauen nicht zuletzt Ländern Europas zunehmend, gehen auf Distanz zu ehemaligen Kolonialmächten wie Frankreich. Sie stärken dagegen die Beziehungen zu Russland, das die Fehler und Schwäche des Westens geschickt ausnutzt“, sagt Bagopha. Die Militärregierungen in Burkina Faso, Mali und Niger werfen laut dem Misereor-Experten westlichen Ländern vor, die koloniale Logik nicht aufgeben zu wollen und die ECOWAS zu benutzen, um ihren Einfluss in der Region aufrechtzuerhalten und auszuweiten. Sie vermuteten hinter den harten Sanktionen, die die ECOWAS nach Staatsstreichen über ihre Länder verhängt hat, westliche Mächte. Die Sanktionen folgten insbesondere nach den Staatsstreichen von 2020 in Mali und 2023 in Niger.

Krise in Westafrika als Neubeginn

„Die Krise, die der angekündigte Austritt ausgelöst hat, ist zwar in erster Linie eine regionale und afrikanische Angelegenheit, verdeutlicht aber auch, wie dringend es ist, die Beziehungen zwischen Afrika und der westlichen Welt neu zu gestalten“, schlussfolgert Bagopha. Die Neugestaltung müsse auf Basis der Ablehnung kolonialer Mentalitäten aufbauen und dürfe koloniale Wunden nicht instrumentalisieren. Zu diesem Zweck schlägt Bagopha Grundsätze vor, die die Beziehungen afrikanischer Länder untereinander sowie die Beziehungen zwischen Afrika und dem Westen verbessern können:

  • Bei Konflikten mehr auf Dialog und Überzeugung als auf Sanktionen und Zwang setzen.
  • Zivilgesellschaftliche Kräfte bei der Bewältigung von Krisen einbinden.
  • Doppelmoral bei der Forderung nach Einhaltung von Menschenrechten und Demokratie vermeiden.
Kontakt
Charleen Kovac

Volontärin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Telefon
0241 442 116
E-Mail
charleen.kovac@misereor.de