Der erneut eskalierte Konflikt im Osten der Demokratischen Republik Kongo bringt die Bevölkerung in eine extreme Notlage. Darauf macht das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit Misereor aufmerksam. Demnach spitzt sich die ohnehin angespannte humanitäre Situation weiter zu.
An der Peripherie der Millionenstadt Goma sind nach Angaben von Misereor-Länderreferentin Astrid Meyer aktuell zehntausende mehrfach innerhalb des Kongos vertriebene Menschen zu einem Leben unter äußerst prekären Bedingungen in provisorischen Flüchtlingscamps gezwungen.
Humanitäre Notlage
Die Problematik verschärft sich derzeit, weil weitere Menschen in die Region um Goma und den nördlichen Kivusee fliehen und Schutz suchen, da in ihren Heimatorten nahe der Stadt Rutshuru und dem Vulkan Nyiragongo gekämpft wird. „Die humanitäre Lage ist katastrophal und wirkt sich unmittelbar auch auf die ansässige Bevölkerung aus“, berichtet Meyer. Ursula Kölbel, die die Dialog- und Verbindungsstelle von Misereor in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa leitet, ergänzt: „Die Situation ist höllisch. Die Vertriebenen in den Camps haben nicht genügend Nahrung und Trinkwasser und auch keine ausreichende medizinische Versorgung. Die hygienischen Verhältnisse sind ebenfalls sehr schlecht. Die Lager bieten zudem keine Sicherheit. Am 3. Mai tötete eine Bombe im Lager Mugunga 35 Menschen. “
Erschwerend kommt hinzu, dass die Hauptzufahrtsstraße nach Goma seit Monaten durch die M23-Milizen (Bewegung des 23. März) blockiert wird, so dass es zu Versorgungsengpässen kommt. Steigende Preise für Alltagsgüter treffen insbesondere einkommensschwache Bevölkerungsgruppen, vor allem aber Vertriebene, weil diese kaum Möglichkeiten haben, ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. „Die Sicherheitslage in Goma hat sich enorm verschlechtert“, erläutert Meyer. „Kein Tag vergeht ohne Todesopfer. Selbst am helllichten Tag kommt es immer wieder zu Raubüberfällen.“
Frauen und Mädchen besonders betroffen
Misereor fördert zur Unterstützung besonders verletzlicher und bedürftiger Geflüchteter die Arbeit der Caritas in Goma. Wichtigste Zielgruppe sind Frauen und Mädchen, die häufig Angehörige verloren haben und komplett auf sich allein gestellt sind. Staatlicherseits gibt es für diese Menschen keinerlei Hilfe, die Frauen sind oft mittellos. Viele von ihnen wurden zudem Opfer sexualisierter Gewalt und sind dringend auf psychosoziale Hilfe angewiesen.
„Der Bundestag und die Bundesregierung sollten die Regierungsvertretung der Demokratischen Republik Kongo auffordern und unterstützen, sich für einen Waffenstillstand einzusetzen, um den Weg für Verhandlungen mit den Konfliktparteien auf der Basis bestehender Abkommen zu ebnen. In einen solchen Prozess sollte die Zivilgesellschaft aktiv eingebunden werden“, fordert Meyer. „Angesichts der akuten Krise sollten zusätzliche Haushaltsmittel für die humanitäre Hilfe in Nord Kivu bereitgestellt werden.“
Der gewaltsam ausgetragene Konflikt im Kongo geht in seinen Ursprüngen auf die Zeit Mitte der 1990er Jahre zurück und begann nicht zuletzt infolge des Genozids in Ruanda vor 30 Jahren und der Auseinandersetzung zwischen den Volksgruppen der Hutu und der Tutsi. Die M23-Rebellen formierten sich im Jahr 2012 und kämpfen seitdem gegen die kongolesische Armee. 2013 konnten die M23-Miliz zunächst zurückgeschlagen werden. Im November 2021 tauchten M23-Kämpfer erneut im Ostkongo auf und lieferten sich Gefechte mit kongolesischen Truppen. In der Zwischenzeit haben zudem viele andere Milizen-Gruppen zur unsicheren Lage im Ostkongobeigetragen. Derzeit kontrollieren die von Ruanda unterstützten M23-Milizen im Kongo einige östliche Landesteile und haben die Stadt Goma eingekesselt.
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