(Aachen/Frankfurt) Angesichts des unermesslichen Leids im Gazastreifen fordern die Hilfswerke Misereor und medico international von der Bundesregierung, eine Einigung auf einen Waffenstillstand und damit den Schutz aller Zivilist*innen zu unterstützen. Darüber hinaus müsse von Israel umgehend die Öffnung von Hilfskorridoren eingefordert werden. 2,2 Millionen Menschen sind nach Angaben des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) akut von Hunger bedroht, darunter über eine Million Kinder und Jugendliche, 85 Prozent der Menschen sind in der Enklave ohne Aussicht auf sichere Orte auf der Flucht.
70 Prozent der Kinder, die medizinische Einrichtungen aufsuchen, leiden an Unterernährung, Anämie, Gewichtsverlust oder multiplem Vitaminmangel. „Laut unseren Partnern fehlt es an allem, an Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten. Es ist eine menschengemachte Tragödie und nicht hinnehmbar, dass die anhaltenden Angriffe auch die Zivilbevölkerung in Gaza treffen und massenhafte Vertreibung auslösen. Die Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben, humanitäre Hilfe wird vorenthalten, und das Leben von Hunderttausenden ist gefährdet“, erklärt Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor.
Besondere Verantwortung
„Auch der Bundesregierung als einer der engsten Verbündeten Israels kommt in dieser Situation die besondere Verantwortung zu, den eigenen Verpflichtungen gegenüber den Menschenrechten und dem Völkerrecht nachzukommen“, sagt medicos Geschäftsführer Tsafrir Cohen. „Die Bundesregierung betont immer wieder den besonderen Charakter der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel, nun muss sie dieser Verantwortung gerecht werden. Sie sollte alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen und nötigenfalls mit entsprechendem Druck die Umsetzung der im Januar verkündeten rechtsverbindlichen Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag gegenüber dem Kriegskabinett unter Netanjahu einfordern.“
Ein Bündnis israelischer Organisationen, darunter die Misereor-Partnerorganisation “Rabbis for Human Rights“, unterstreicht die Forderungen von medico und Misereor: „Nirgendwo in Gaza ist die Zivilbevölkerung sicher. Wir rufen daher alle Parteien zu einem sofortigen Waffenstillstand auf und fordern den ungehinderten Zugang und die Lieferung von humanitärer Hilfe und Gütern in und durch den Gazastreifen zu ermöglichen, wie vom Internationalen Gerichtshof angeordnet. Die Hamas muss alle am 7. Oktober als Geiseln genommenen Menschen bedingungslos freilassen. Die internationale Gemeinschaft muss sicherstellen, dass alle Verantwortlichen für schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte zur Rechenschaft gezogen werden."
Erschöpft und traumatisiert
„Nach mehr als fünf Monaten Krieg und Vertreibung sind die Menschen hungrig, erschöpft und traumatisiert. Es sterben seit letzter Woche jeden Tag zwei Kinder in Gaza an Hunger und Dehydrierung. Ein Waffenstillstand ist die einzige Lösung, um den Tod der hungernden Kinder zu verhindern,“ so der Arzt Bassam Zaqout aus dem Süden Gazas, der bei der medico-Partnerorganisation Palestinian Medical Relief Society die Hilfe mit organisiert.
Misereor und medico unterstützen in Gaza lokale Hilfsorganisationen, die Menschen in dieser Notsituation mit medizinischer Versorgung, Nahrungsmittelhilfe und bei anderen Grundbedürfnissen beistehen.