
G7-Staaten müssen Hunger und Verschuldung begegnen
(Aachen/Berlin, 23. Juni 2022) Anlässlich des G7 Gipfels in Elmau fordert Misereor die teilnehmenden Staaten auf, sich viel stärker als bisher für eine Lösung der strukturellen Ursachen der weltweiten Krisen einzusetzen. Die G7-Staaten sollten aktuell vor allem Antworten auf die drohende Hunger- und Ernährungskrise sowie die wachsende Überschuldung vieler Länder finden. „Es ist nicht zu akzeptieren, dass weltweit genügend Lebensmittel vorhanden, diese aber durch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges so teuer geworden sind, dass die Ärmsten sich nicht mehr ausreichend Essen leisten können. Hinzu kommen extreme Dürren in Ostafrika, die die Situation weiter verschärfen“, erklärt Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.
„Vorrangiges Ziel der G7 muss die Sicherung der Ernährung der Menschen sein. Ein blindes Vertrauen auf die Kraft der Märkte reicht nicht. Die G7 müssen jetzt öffentliche Investitionen in eine Ökologisierung der Landwirtschaft beschließen, um das Welternährungssystem krisenfester zu machen“, so Spiegel. „Zusätzlich brauchen wir eine deutliche Reduktion des Verbrauchs von Getreide und Ölsaaten als Energieträger durch eine Senkung der Beimischungsquoten. Nahrungsmittel gehören auf den Teller und nicht in den Tank!“
Umfassender Schuldenerlass für hochverschuldete Staaten nötig
MISEREOR fordert zudem, den politischen Druck für umfassende Schuldenerlasse im Globalen Süden zu erhöhen. Denn wo das Geld für den Abbau der staatlichen Schulden verwendet werden muss, fehlt es zur Versorgung der Menschen. Die Folgen der Corona-Pandemie, vor allem aber die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, bringen so die Armen in vielen Ländern des Globalen Südens in lebensbedrohliche Situationen, da sie sich keine Nahrungsmittel mehr leisten können. Aufgrund der gähnenden Leere öffentlicher Kassen fehlen vielfach Finanzen im Kampf sowohl gegen Armut und Hunger als auch für die Unterstützung öffentlicher Gesundheitssysteme. „Es ist jetzt dringend erforderlich, dass die G7-Staaten die riesige Finanzierungslücke für notwendige Maßnahmen der Ernährungs-, Gesundheits- und Klimapolitik im Süden schließen. Wir brauchen neben umfassenden Schuldenerlassen für hochverschuldete Länder endlich die Weichenstellung für ein internationales Staateninsolvenzverfahren. Nur so kann einem akut drohenden wirtschaftlichen Kollaps in vielen verschuldeten Ländern des Globalen Südens wirksam begegnet werden,“ erklärt Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor.
Dreimal so viele Länder von Überschuldung bedroht wie vor der Corona-Pandemie
Derzeit sind 39 Staaten besonders akut von Überschuldung bedroht oder bereits betroffen. Das sind dreimal so viele Länder wie noch vor der Corona-Pandemie. Private Gläubiger wie Anleger und Banken halten den Großteil der Forderungen gegenüber Entwicklungs- und Schwellenländern, wurden bis heute aber nicht ausreichend an Entschuldungsmaßnahmen beteiligt „Die bisherigen Beschlüsse zur Schuldenerleichterung wurden nicht ausreichend umgesetzt, zudem können gerade die G7-Staaten rechtliche Schritte zur Einbeziehung privater Gläubiger mit Sitz in G7-Staaten in Umschuldungsverhandlungen beschließen,“ so Schilder. „Viele Staaten müssen von ihrer erdrückenden Schuldenlast befreit werden, um Hunger und wachsender Armut aus eigener Kraft begegnen zu können.“
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Hinweis an Redaktionen:
Misereor ist vor dem G7-Gipfel vom 26.-28. Juni 2022 vor Ort präsent und ruft unter dem Motto „Gerecht geht Anders!“ am 25. Juni um 12:00 in der Münchener Innenstadt zu einer Großdemonstration für eine gerechtere G7-Politik auf (g7-demo.de).
Für Interviews stehen Klaus Schilder (vor Ort in München) und Markus Wolter zur Verfügung.