Misereor
Suche schließen
Suchen nach:
    Top-Ergebnisse:
      Suchen in:

      Empfehlungen der Redaktion:
      Misereor-Logeo. Gemeinsam. Global. Gerecht.
      © Misereor
      Aachen/ Berlin, 12. April 2023

      Eine Bedrohung für die Menschheit

      (Aachen/Berlin, 12. April 2023) Vor einem Treffen der Klimaschutz- und Energieminister*innen der G7-Staaten appelliert Misereor an die Bundesregierung, sich global für einen Stopp aller Vorbereitungen zum Tiefseebergbau und für ein völkerrechtlich verbindliches Verbot dieser Art der Rohstoff-Förderung einzusetzen. Nach Ansicht des katholischen Werks für Entwicklungszusammenarbeit kann Bergbau am Meeresboden nicht ohne massive und unabsehbare Auswirkungen auf Menschen, Tier- und Pflanzenwelt, auf Weltklima und Biodiversität umgesetzt werden. 

      „Tiefseebergbau im industriellen Maßstab könnte eine Fläche von mehr als 42.000 Fußballfeldern jährlich zerstören“, warnt Dr. Klaus Schilder, Experte für Nachhaltiges Wirtschaften und Unternehmensverantwortung bei Misereor. „Tiefseebergbau in unseren Meeren wäre damit das größte Bergbauprojekt der Menschheitsgeschichte. Die damit verbundenen Risiken sind überhaupt noch nicht abzuschätzen, denn wir wissen mehr über die Oberfläche des Mondes als über die artenreichen Ökosysteme am Boden der Weltmeere.“  

      Tiefseebergbau würde nach Ansicht des Misereor-Experten katastrophale Folgen für die Meere haben. Diese stünden bereits durch Verschmutzung, Auswirkungen der Klimakrise und Überfischung in all ihren Funktionen massiv unter Druck, so der Misereor-Referent. Die Meere hätten für hunderte Millionen Menschen weltweit eine entscheidende soziale und ökonomische Bedeutung. Für etwa drei Milliarden Menschen ist der Ozean die primäre Nahrungsquelle, um den eigenen Proteinbedarf zu decken. Darüber hinaus bestreiten laut Schätzungen der Welternährungsorganisation (FAO) etwa 600 Millionen Menschen ihren Lebensunterhalt entweder direkt oder indirekt mittels Fischerei.  

      Verzicht auf Hochrisikotechnologie 

      Die Bundesregierung hat während ihrer G7-Präsidentschaft 2022 den G7 Ocean-Deal zum weltweiten Meeresschutz verabschiedet. Darin wird ein konsequenter Vorsorgeansatz vor Beginn des Tiefseebergbaus gefordert. „Aus Sicht unserer Partnerorganisationen im Pazifikraum kann das nur einen völligen Verzicht auf diese neue Hochrisikotechnologie bedeuten, nicht nur am Boden der Weltmeere, sondern auch in den Hoheitszonen der Anrainerstaaten“, so Schilder weiter. „Dies sollte die Bundesregierung in der Umsetzung des G7 Ocean-Deal klarstellen, zumal sich bereits der französische Präsident Emmanuel Macron für einen Stopp des Tiefseebergbaus ausspricht.“ 

      Wir brauchen eine Rohstoffwende 

      Da Tiefseebergbau die Meeresökologie in ihrer heutigen Form unwiederbringlich zerstören würde, gehe von dieser Form der Ressourcen-Gewinnung eine Bedrohung für die gesamte Menschheit aus. „Was wir brauchen, sind starke Regeln zum Schutz der Meere und all jener, die von und mit den Meeren leben“, fordert Schilder. „Insbesondere Küstenbewohner*innen im Pazifik würden durch Tiefseebergbau einem weiteren, gefährlichen, schmutzigen und unzureichend regulierten Bergbausektor ausgesetzt, der lokale und kulturelle Rechte verletzt und die nachhaltige Entwicklung der Inselstaaten erschwert statt sie zu fördern. Gleichzeitig bedarf es einer Kehrtwende in unserer Wirtschaftspolitik, weg von Profit- und Machtstreben hin zu nachhaltigen Systemen. Notwendig ist eine Rohstoffwende und damit ein Verzicht auf die Mineralien der Tiefsee“, so der Misereor-Experte.  

      Schilder bekräftigt, dass ein konsequentes Handeln der Bundesregierung jetzt erforderlich sei. „Auch wenn noch viel zu wenig über die Ökosysteme der Tiefsee bekannt ist, will die Internationale Meeresschutzbehörde (ISA) bis Sommer dieses Jahres die Regularien für den Rohstoffabbau in der Tiefsee verabschieden.“ Hintergrund sei ein entsprechender Antrag des pazifischen Inselstaates Nauru, der gewillt ist, sehr bald mit dem Tiefseebergbau zu beginnen.  

      Auch Deutschland erkundet den Boden der Tiefsee 

      Die Bundesregierung hat sich zuletzt zwar dafür ausgesprochen, die Unterstützung für den Tiefseebergbau so lange auszusetzen, bis mehr über dessen Auswirkungen für die Meeresökologie bekannt ist. Dennoch behält sich Deutschland die Option auf eine Ausbeutung von Rohstoffen am Meeresboden vor: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat zum Beispiel seit 2006 für Deutschland einen Vertrag zur Erkundung von Manganknollen mit einer Laufzeit von 15 Jahren für ein Gebiet mit einer Gesamtfläche von 75.000 Quadratkilometern im östlichen Pazifik. 2021 wurde die Lizenz verlängert. „Deutschland muss sich von allen Plänen für Tiefseebergbau verabschieden“, hält Schilder dem entgegen. „Deshalb sollte alles getan werden, um eine Verabschiedung von Abbauregeln für die Rohstoff-Förderung am Meeresboden durch die ISA in diesem Jahr zu verhindern.“ 

      Zurück