(Aachen, 4. Dezember 2021). Durch zahlreiche Subventionen konterkariert Deutschland in viel höherem Maße seine Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel und die globale Armut als bisher bekannt. Zum Start der neuen Regierung und der Bekanntgabe des Bundeskabinetts veröffentlichen MISEREOR und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) eine Studie zu den massiven Auswirkungen deutscher Subventionen, unter denen Menschen und Umwelt im Globalen Süden besonders leiden. „Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, klima- und umweltschädliche Subventionen abzubauen und z.B. die Privilegierung von Dieselfahrzeugen auf den Prüfstand zu stellen. Sie muss diesen Worten jetzt Taten folgen lassen und den Abbau zügig umsetzen“, fordern MISEREOR und FÖS.
Obwohl sich Deutschland über die UN-Nachhaltigkeitsziele und das Klimaabkommen von Paris zu einem wohlhabenderen, gerechteren und nachhaltigen globalen Zusammenleben bekennt, wirken diesem Ziel zahlreiche umweltschädliche Subventionen entgegen. „Die neue Studie beleuchtet einen blinden Fleck der deutschen Finanzpolitik und zeigt uns deutlich, in welch hohem Maße sich allein die ökologischen und sozialen Folgen aus den Bereichen Verkehr und Landwirtschaft bis in den Globalen Süden erstrecken“, erklärt Carolin Schenuit, Geschäftsführende Vorständin beim FÖS.
Subventionen im Verkehrssektor befördern einerseits die Klimakrise, die vorrangig die Länder des Globalen Südens betrifft, und zum anderen die z.B. durch ein Dienstwagenprivileg gesteigerte Automobilproduktion, und damit den Ressourcenverbrauch. Viele der für die Pkw-Produktion benötigten Rohstoffe werden z.B. in Ländern Südamerikas oder Afrikas gewonnen. Zu den lokalen Folgen der Rohstoffextraktion zählen neben erheblicher Umweltverschmutzung und massivem Flächenverbrauch durch Minen und Infrastruktur auch die Verletzung von Menschenrechten sowie Gesundheitsschäden für die Bevölkerung.
Deutschland kann mit Reformen von nur zwei Subventionen so viel CO2 einsparen wie andere Volkswirtschaften insgesamt emittieren
In Summe könnten die Reformen des Dienstwagenprivilegs und der Energiesteuervergünstigung auf Dieselkraftstoff bis zu 9,5?Mio. t CO2 pro Jahr einsparen. Dieses Minderungspotenzial ähnelt in etwa den jährlichen Emissionen des Senegals (9,8?Mio. t) und übersteigt den CO2-Ausstoß vieler weiterer Länder um ein Vielfaches, zum Beispiel der DR Kongo (2,3?Mio. t), Uganda (5,3?Mio. t) oder Benin (8,0?Mio. t). „Die Reform von nur zwei deutschen umweltschädlichen Subventionen leistet rechnerisch denselben Klimaschutzbeitrag, wie die Klimaneutralität ganzer Volkswirtschaften. Durch eine Reform der Subventionslandschaft würde Deutschland seinen Selbstverpflichtungen gerechter werden und als wirtschaftsstarke Industrienation zur fairen Lastenteilung im Klimaschutz beitragen“, so MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. Auch in der Landwirtschaft tragen deutsche Subventionen zur Klimakrise, der Zerstörung von Ökosystemen sowie schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken im Globalen Süden bei.
„Mehrfach hat Deutschland zugesagt, klimaschädliche Subventionen abzubauen – zuletzt in der Abschlusserklärung der Weltklimakonferenz in Glasgow. Passiert ist bisher wenig“, so Spiegel. „Die neue Bundesregierung sollte öffentliche Finanzen nutzen, um eine sozial-ökologische Mobilitätswende und eine klimagerechte Landwirtschaft zu fördern. In beiden Sektoren hat es bisher zu wenig Emissionsminderung gegeben, um Deutschland auf einen 1,5°C-Pfad zu bringen. Anderes können wir uns mit Blick auf die ökologischen und sozialen Folgen in den Ländern des Südens nicht mehr leisten!“